Branchen-kopf: Micha fritz

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Micha: Der Multi-Herzblut-Aktivist und einer der Visionäre hinter Viva con Agua 

Wenn man Micha, oder wie er offiziell heißt, Michael Matthias Friedemann Fritz, fragt, wer er ist und was er macht, bekommt man eine Antwort, die so bunt und facettenreich ist wie ein Mosaik aus Engagement, Leidenschaft und Optimismus. Kurz zusammengefasst ist Micha das: Einer der Mitbegründer von Viva con Agua, einem gemeinnützigen Verein, der sich weltweit für den Zugang zu sauberem Trinkwasser einsetzt. Was als kleines Herzensprojekt begann, hat sich über die letzten 18 Jahre zu einem umfassenden Netzwerk entwickelt – mit Projekten, die weit über den Wasserschutz hinausgehen.

Doch das eigentliche Herzstück von Viva con Agua ist nicht nur Wasser, sondern auch die Art und Weise, wie Micha und sein Team die Menschen erreichen. Kunst, Kultur, Musik und Sport – all das fließt in die Projekte von Viva con Agua mit ein, was sie zu einem farbenfrohen, lebendigen und vor allem mitreißenden sozialen Unternehmen macht. Für Micha ist es dabei immer eine Frage der Verantwortung: „Mit Privilegien kommt Verantwortung,“ sagt er oft und meint damit, dass diejenigen, die in einer privilegierten Position sind, die Pflicht haben, sich für die weniger Begünstigten einzusetzen.

Ein Kindheitstraum ohne Plan, aber voller Möglichkeiten

Was wollte er eigentlich als Kind werden? Bei dieser Frage sprudelt er nicht einfach los, wie sonst auch, sondern überlegt erstmal gründlich. So richtig geplant hatte er seine Zukunft nie. Er war einfach ein Träumer, ohne klare Vorstellung davon, was später kommen sollte. Vielleicht wollte er Lehrer werden? Zumindest entschied er sich für ein Studium der Geschichte und Anglistik – stolze 26 Semester lang. Dass er sich letztendlich auf dem Pfad des sozialen Aktivismus wiederfand, war damals nicht vorherzusehen. Der Grundstein dafür wurde aber schon früh gelegt, als er mit seinem Kindheitsfreund Benny Adrion aufwuchs, der später die Idee für Viva con Agua hatte.

Micha erzählt ganz gerne die Geschichte, wie er quasi in das Projekt „reingestolpert“ ist. Er crashte damals auf Bennys Couch in Hamburg, als er dorthin zog, um zu studieren. Benny nahm ihn einfach zu all seinen Terminen mit – so wurde Micha von einem bloßen Begleiter zu einer der Schlüsselfiguren hinter Viva con Agua.

„Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich nicht viel kann, aber ich kann laufen,“ erzählt Micha schmunzelnd. Also lief er einen Marathon für Viva con Agua und bemerkte, dass er mit dem, was er tat, einen echten Beitrag leisten konnte. Über die Jahre lernte er immer mehr, engagierte sich tiefer und verstand, dass Viva con Agua nicht nur ein Job oder eine Organisation war, sondern auch eine Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen. „Ich habe maximal von Viva con Agua profitiert,“ sagt Micha mit Dankbarkeit. „Es hat mir so viele Türen geöffnet zu wunderbaren Menschen und Projekten.“

Das Leben als Konzeptionsaktivist: Labels neu definieren

Micha bezeichnet sich selbst als „Konzeptionsaktivist“. Was soll das bedeuten? Micha erklärt, dass er das Wort selbst erfunden hat, weil Menschen Labels lieben, um jemanden in eine Schublade stecken zu können. Doch anstatt sich mit den gängigen Bezeichnungen wie „CEO“ oder „Mitbegründer“ abzufinden, hat er sich bewusst für ein kreativeres Wort entschieden. Konzeptionsaktivist – das klingt nicht nur spannender, sondern beschreibt auch treffend, was er tut: Er entwickelt Konzepte, wie Menschen sich auf eine einfache, spielerische und dennoch wirkungsvolle Weise für soziale und ökologische Projekte engagieren können.

Für Micha geht es in seiner Arbeit nicht nur um sauberes Wasser, auch wenn das der Hauptfokus von Viva con Agua ist. Er weiß, dass alles miteinander verbunden ist – die Klimakrise ist gleichzeitig eine Wasserkrise, der Wassermangel wiederum verstärkt soziale Ungleichheiten. Deswegen engagiert er sich auch in anderen Bereichen wie dem Klimaschutz, weil er weiß, dass man in einer globalisierten Welt kein Problem isoliert lösen kann.

„Es gibt keinen individuellen Aktivismus,“ sagt Micha bestimmt. Alles hängt zusammen, und das bedeutet, dass jeder, der sich für eine Sache einsetzt, auch die Verantwortung trägt, andere Bereiche mitzudenken.

Nachhaltigkeit ist mehr als nur ein Trend

Auf den ersten Blick könnte man denken, dass Micha einer dieser durch und durch grünen Nachhaltigkeitsaktivisten ist, der alles scheinbar “ richtig macht” – also Stereotype bedient und nur mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, nur Bio-Produkte kauft und einen Zero-Waste-Lifestyle pflegt. Doch Micha gibt gerne zu, dass er selbst alles andere als perfekt ist. „Ein wirklich nachhaltiges Leben in einer unnachhaltigen Welt ist nicht möglich,“ stellt er nüchtern fest. Er ist am Tag des Interviews mit dem Auto zur Arbeit gefahren, trägt Kleidung, die nicht immer nachhaltig produziert ist, und arbeitet in einem Bürogebäude, für dessen Bau er mitverantwortlich ist und das trotzdem aus Beton gebaut ist – einem Material, das bekannterweise alles andere als umweltfreundlich ist.

Für ihn geht es weniger darum, den Menschen vorzuschreiben, wie sie leben sollen, sondern vielmehr darum, Ehrlichkeit zu fördern - vor allem auf Seite der Unternehmen. Sie sollten ehrlich sein und den Konsument:innen sagen: „Kauf dieses Auto nicht, es gibt schon genug davon. Nimm lieber einen Gebrauchtwagen oder benutze einen Shared Car Service oder fahr Fahrrad.“ Für Micha wäre das echter, nachhaltiger Real Talk, der in der Unternehmenswelt aus bekannten Gründen der Gewinnmaximierung noch viel zu selten geführt wird. Ehrlichkeit könnte also zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen führen.

Erfolg, Freude und eine Prise Leichtigkeit

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis von Micha ist die Kombination aus Leidenschaft und Spaß an der Arbeit. „Ich darf das alles mit meinen Freunden machen,“ sagt er und strahlt dabei. Seit 20 Jahren arbeitet er mit Menschen zusammen, die ihm am Herzen liegen, und das gibt ihm den nötigen Antrieb, auch in schwierigen Zeiten weiterzumachen. Kunst, Kultur und Schabernack sind dabei ebenso ein Teil der Projekte wie die ernsthafte Arbeit. Die Sinnhaftigkeit seiner Arbeit, kombiniert mit der Möglichkeit, seine Leidenschaft mit seinen engsten Freunden zu teilen, macht ihn wohl zum engagierten und positiven Menschen, der er ist. 

Er ist jedoch auch Realist: Die Gründermentalität, die auf Plattformen wie LinkedIn oft glorifiziert wird, ist hart. „Es ist vor allem auch sau anstrengend,“ gibt Micha zu. Aber die Sinnhaftigkeit seiner Arbeit und das positive Feedback treiben ihn an weiterzumachen. Er weiß: Wäre die harte Arbeit losgelöst vom Erfolg, würde der Antrieb irgendwann auf der Strecke bleiben.

Weltschmerz und Motivation: Was treibt Micha an?

Am Tag des Interviews sieht Micha ein wenig müde aus. Auf die Frage, ob das der Weltschmerz in seinen Augen ist und wenn ja, wie er sich trotz der aktuellen gesellschaftlichen Situation motiviert, entgegnet er: “Hey, ich bin Obelix im Körper von Asterix. Ich habe so viele Projekte besuchen dürfen auf dem afrikanischen, asiatischen südamerikanischen Kontinent, dass die Sinnhaftigkeit bei mir einfach krass aufgeladen ist. Das ist per se einer der Gründe, warum ich mich engagiere. Warum ich jeden Tag weitermache”

Micha ist sich der Verantwortung bewusst, die auf ihm und seinem Team lastet, und er nimmt diese Aufgabe ernst. Doch gleichzeitig plädiert er dafür, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und regelmäßig eine Pause einzulegen. „Geht mal wieder wandern, verbringt Zeit mit euren Liebsten, das ist eigentlich das einzig wirklich Relevante,“ sagt er abschließend.

Micha ist ein interesasnter Mix aus einem humorvollen, bodenständigen Typen und einem hoch engagierten Aktivisten, der weiß, dass die Welt nicht von heute auf morgen besser wird – aber er ist bereit, jeden Tag ein Stück dazu beizutragen. 

Wer Lust hat Micha (wenn auch nur digital) kennenzulernen, sollte am 24.10.24 bei der UNPREPARED Sustainability Konferenz dabei sein. 


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