Branchen-Kopf: Johannes Knubben

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Johannes Knubben:

Der Nachhaltigkeitsverantwortliche zwischen Agrarwirtschaft, Tiermedizin und grüner Trans-formation

In einer Welt, in der die grüne Transformation nicht nur ein Schlagwort, sondern ein dringliches Gebot der Zeit ist, hat Johannes einen Weg gefunden, drei auf den ersten Blick unvereinbare Welten zu verbinden: die präzise Wissenschaft der Tiermedizin und Landwirtschaft  und die breiten Anforderungen der Nachhaltigkeit in der freien Wirtschaft. Was ihn dabei antreibt, ist nicht nur die Leidenschaft für die Natur, sondern auch die Überzeugung, dass Veränderung möglich ist – und das auf praktische und umsetzbare Weise.

Mit 48 Jahren ist Johannes mehr als der typische Nachhaltigkeitsverantwortliche. Er ist ein Brückenbauer zwischen traditioneller Landwirtschaft und modernen Unternehmensstrategien, ein Pragmatiker, der sich in den tiefen Gewässern der Komplexität wohlfühlt, und auch ein bisschen Idealist, der dennoch den Kopf nicht in den Wolken verliert.

Zwischen Kühen und Karotten: Tiermediziner, Agrarwissenschaftler, Nachhaltigkeitsstratege

Johannes Karriere begann mit der Tiermedizin, einer Leidenschaft, die er seit seiner Kindheit hegte. Tiere heilen, auf Bauernhöfen arbeiten – das war sein Traum. Und tatsächlich praktizierte er einige Jahre in Kanada und Bayern, wo er die raue, bodenständige Seite der Landwirtschaft hautnah erlebte. Großtiere, hauptsächlich Pferde, über die er auch promovierte – Johannes hat sie alle behandelt und dabei eine Nähe zur Natur und zur ländlichen Lebensweise entwickelt, die ihn bis heute prägt.

Später macht er aus der Not, einen Kitaplatz zu finden, eine Tugend: Da Studierende ihren Nachwuchs leichter an der Uni-Kita unterbringen konnten, wurde sein Weg zurück an die Universität geebnet, wo er schließlich seinen Abschluss in Agrarwissenschaften draufsattelte – und so die Brücke zwischen Tiergesundheit und Nachhaltigkeit zu schlagen begann.

„Ich bin der einzige Tiermediziner, den ich kenne, der in der Nachhaltigkeit arbeitet“, sagt Johannes mit einem Schmunzeln. Diese ungewöhnliche Kombination ist vielleicht genau das, was ihn auch ausmacht. Seine Kenntnisse in der Tierhaltung und Landwirtschaft verschaffen ihm eine einzigartige Perspektive auf die Herausforderungen, denen sich die Lebensmittelindustrie heute stellen muss. Von der Qualitätssicherung über den Einsatz von Tierarzneimitteln bis hin zur nachhaltigen Beschaffung – Johannes versucht die gesamte Wertschöpfungskette zu verstehen und weiß, wo es anzusetzen gilt.

Von Bauern und Büroklammern

Der Sprung von der Tiermedizin in den Lebensmittel- und Nachhaltigkeitssektor mag ungewöhnlich erscheinen, doch für Johannes war es ein natürlicher Übergang. Seine Arbeit für HiPP, einem renommierten Babynahrungshersteller, führte ihn direkt ins Herz der Nachhaltigkeit: die Lieferketten. Dort, wo Entscheidungen über Tierwohl, Rohstoffbeschaffung und Qualitätssicherung getroffen werden, konnte Johannes seine Fähigkeiten voll einbringen.

Heute ist er als Nachhaltigkeitsleiter verantwortlich dafür, dass HiPP als Unternehmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch und sozial zukunftsfähig ist. Das bedeutet, dass er ständig zwischen verschiedenen Interessen und Anforderungen balanciert: den wirtschaftlichen Notwendigkeiten, den ökologischen Herausforderungen und den Erwartungen der Konsument:innen.

Nachhaltigkeit in der Praxis – Brücken bauen und Komplexität managen

Die Herausforderung dabei? Kommunikation. „Die größte Hürde ist nicht, die Probleme zu verstehen – das ist mein Job. Es geht darum, sie so zu erklären, dass jeder im Unternehmen versteht, warum wir uns verändern müssen.“ Johannes sieht sich als Übersetzer. Er muss technische Begriffe in greifbare Geschäftszahlen verwandeln, um die Mitareiter:innen auf allen Ebenen zu überzeugen. Gleichzeitig muss er die komplexen Anforderungen der Nachhaltigkeitsstandards, wie etwa der EU-Taxonomie oder des Lieferkettengesetzes, für Abteilungen wie Einkauf oder Produktion verständlich machen. Er gibt zu, dass ihm der kommunikative Part, insbesondere auf Peer Group Level, manchmal Schwierigkeiten bereitet und dass er da sicherlich Luft nach oben sieht.

„Ich muss die Leute dort abholen, wo sie sind“, sagt er. „Es bringt nichts, mit moralischen Appellen oder Dogmen zu kommen. Man muss klar und faktenbasiert erklären, warum eine Entscheidung langfristig sinnvoll ist.“

Das bedeutet nicht, dass Johannes seine Ansprüche aus den Augen verliert. Im Gegenteil: Er sieht seine Rolle als Navigator in einer sich schnell wandelnden Welt, denn für ihn ist Nachhaltigkeit kein statisches Ziel, sondern eine Reise. Für ihn ist klar, dass die Nachhaltigkeit nicht als isoliertes Thema behandelt werden kann, sondern in die Kernstrategie eines Unternehmens integriert werden muss.

Ein Mann zwischen den Welten?

Johannes scheint gut darin zu sein, zwischen verschiedenen Welten zu navigieren: der Welt der Zahlen und Vorschriften und der Welt der Menschen, die diese umsetzen müssen. Vielleicht zählt er deshalb zu den gefragten Experten in seinem Bereich. Denn: Seine analytischen Fähigkeiten und sein strategisches Denken helfen ihm dabei, in einer Zeit, in der die Unsicherheit groß ist, den Überblick zu behalten und klare Entscheidungen zu treffen.

Dabei vergisst Johannes nie seine Wurzeln. Wenn er über seine Arbeit spricht, blitzt immer wieder seine Leidenschaft für die Natur durch. „Man kann nur schützen, was man kennt“, sagt er. Deshalb ist er auch heute noch so oft wie möglich draußen in der Natur, sei es in den Bergen oder bei einem Spaziergang mit der Familie. Diese Verbindung zur Natur ist für Johannes nicht nur persönlich wichtig, sondern auch der Schlüssel, um die Dringlichkeit seines Jobs zu verstehen.

Idealismus als Motor, Know-How als Werkzeug

Johannes bezeichnet sich selbst nur stückweise als Idealisten – als einen, der weiß, dass der Weg zur Veränderung lang und steinig sein kann. „Ohne Idealismus geht es nicht“, gibt er zu. „Aber man muss aufpassen, dass man sich nicht in zu viel Idealismus verliert. Sonst ist die Fallhöhe hoch und die Frustration vorprogrammiert. Dennoch braucht es Idealismus, denn er speist Know-how, und Know-how ist dann das bessere Spielfeld bzw. die bessere Grundlage, um langfristig gute Ergebnisse zu erzielen als Idealismus allein.”

Schlussgedanken: Nachhaltigkeit als Berufung, nicht nur als Job

Für Johannes ist Nachhaltigkeit weit mehr als nur ein Job – es ist eine Berufung. Sein ungewöhnlicher Berufsweg, der von der Tiermedizin über die Agrarwissenschaft bis hin zum Nachhaltigkeitsmanagement reicht, zeigt, dass es keinen „typischen“ Weg in diesem Bereich gibt. Vielmehr geht es darum, offen für Veränderungen zu sein, vielfältige Erfahrungen zu sammeln und bereit für Herausforderungen zu sein.

Wer sich für den Beruf des Nachhaltigkeitsmanagers interessiert, findet in Johannes ein spannendes potenzielles Vorbild. Und wer jetzt Lust bekommen hat, Johannes persönlich kennenzulernen, der kommt am besten auf die UNPREPARED Sustainability Conference am 24.10.24, wo man ihn persönlich antreffen kann.

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Branchen-kopf: Micha fritz