thema der woche

Quelle: GermanWatch.org

Lesedauer: 3 Minuten

Es stehen zwei wichtige Klimaklagen in den Startlöchern, die unsere Aufmerksamkeit verdienen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bereitet sich auf die kurzfristige Einreichung einer “Klimaschutz-Verfassungsbeschwerde” vor, und Greenpeace sowie GermanWatch planen ihre sog. “Zukunftsklage” für den Herbst 2024. Das steckt dahinter:

Wir alle wissen: Politische Entscheidungen und wirtschaftliche Interessen verzögern den Klimaschutz immer weiter. In dieser Situation sind Klagen zu einem unverzichtbaren Werkzeug im Kampf gegen die Klimakrise geworden. Erinnert sei an den wegweisenden "Klimabeschluss" des Bundesverfassungsgerichts von 2021 oder die aktuelle Klage der KlimaSeniorinnen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen werden zunehmend zur Verantwortung gezogen – sei es durch die Klage von Greenpeace Niederlande gegen Shell oder durch die deutsche Klage gegen VW. Rechtlich gesehen ist die bevorstehende "Zukunftsklage" von Greenpeace & GermanWatch eine Verfassungsbeschwerde gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung und die Entkernung des Klimaschutzgesetzes (KSG).

“Durch die bisherige Untätigkeit von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und seinen Amtsvorgängern sind später umso härtere, unverhältnismäßige Maßnahmen erwartbar, die Freiheitsrechte verletzen. Besonders betroffen sind dann Menschen auf dem Land mit geringem Einkommen, die bereits heute kaum Mobilitätsangebote haben und vom sozialen Leben abgeschnitten sind. Freiheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen! Wir brauchen dringend eine umweltfreundliche und sozial gerechte Verkehrswende mit einem verbesserten öffentlichen Nahverkehr als Alternative zum individuellen, kostspieligen Auto.”

Baro Vicenta Ra Gabbert

Greenpeace-Sprecherin sozial-ökologische Gerechtigkeit

Das Ziel ist klar: Die Bundesregierung soll verpflichtet werden, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um das Pariser Übereinkommen einzuhalten und das CO2-Budget nicht zu überschreiten. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland bis spätestens 2050 treibhausgasneutral wird und die Freiheit der jungen Generationen durch angemessenen Klimaschutz gewahrt bleibt. Die Klage soll im September 2024 eingereicht werden, um bis dahin genügend "Mitkläger:innen" zu gewinnen. 

Es ist ein langer Weg: Die Verfassungsbeschwerden werden vermutlich mehrere Jahre laufen. Die Liste der Beschwerdeführer:innen liest sich wie ein Who is Who der Klimabewegung: Luisa Neubauer, Sophie Backsen, Hannes Backsen, Lüke Recktenwald sowie Greenpeace und Fridays for Future (FFF).

Historisch betrachtet hat eine solche Klage erst einmal in der deutschen Rechtsgeschichte stattgefunden. 2016 reichte das Bündnis "Mehr Demokratie" zusammen mit Foodwatch, Campact und rund 200.000 Menschen eine Verfassungsbeschwerde gegen das vorläufige Inkrafttreten von CETA ein – mit teilweisem Erfolg.

Die rechtlichen Grundlagen und Verpflichtungen sind klar definiert: Der Bundesverfassungsgerichtsbeschluss von 2021 und Artikel 20a des Grundgesetzes verlangen ausreichenden und rechtzeitigen Klimaschutz, um die Freiheit der jungen Generationen zu sichern. Das Pariser Übereinkommen fordert die Einhaltung eines CO2-Budgets und einen Reduktionspfad zur Treibhausgasneutralität bis 2050.

Warum ist das wichtig? Der Klimaschutz betrifft alle Bereiche und Akteure und darf nicht nur auf den Schultern weniger lasten. Ein planbare Transformation ist notwendig, damit alle wissen, welche Produkte und Verhaltensweisen umgestaltet werden müssen. Doch die Herausforderungen sind hoch: Das globale CO2-Budget ist kleiner als gedacht, und Deutschland wird seine Klimaziele für 2030 voraussichtlich nicht erreichen. Die Novelle des deutschen Klimaschutzgesetzes von 2024 schwächt die Umsetzung der Klimaziele weiter ab und entfernt verbindliche Sektorziele.

Die Untätigkeit, insbesondere im Verkehrssektor, führt zu späteren, drastischeren Maßnahmen, die einzelne Gruppen stärker treffen. Wohlhabendere Teile der Bevölkerung verursachen mehr Emissionen, während wirtschaftlich schwächere Gruppen stärker von den Maßnahmen betroffen sind. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass der Staat wirksamen Schutz vor den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels gewährleisten muss.

Die Beschwerdeführer fordern konkrete Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, um das verfassungsmäßige Recht auf Klimaschutz zu gewährleisten. Ein einfaches Beispiel: Ein Tempolimit hätte erhebliche Mengen an CO2 einsparen können. Der Verkehrssektor spielt eine zentrale Rolle und muss sofort handeln, um die Klimaziele zu erreichen.

Die Dringlichkeit ist unbestritten: Werden Maßnahmen weiter verschleppt, wird Deutschland sein CO2-Budget bald aufgebraucht haben, was drastische Einschnitte erfordert. Jetzt müssen wir handeln, um zukünftige Freiheitseinschränkungen zu vermeiden.

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